Erkenntnisverfahren und Vollstreckungsverfahren

Das Erkenntnisverfahren ist die Aufnahme aller entscheidungserheblicher Tatsachen durch das Gericht zur Findung des Urteils. Das Erkenntnisverfahren wird in jeder Gerichtsbarkeit durch die freie Beweiswürdigung des Richters geleitet. Das Erkenntnisverfahren ist unter der Rücksichtnahme der jeweiligen Prozessmaximen und möglichst ausführlicher Betrachtungsweise zu betreiben.  

Das Erkenntnisverfahren wird mit einem Urteil, einer Verfügung oder einem Beschluss beendet. Einem Urteil geht stets eine mündliche Sitzung voraus und die beiden anderen Entscheidungen können auch im schriftlichen Verfahren ergehen. 

Das Vollstreckungsverfahren dient der Umsetzung der Interessen des Gläubigers. Dementsprechend findet die Dispositionsmaxime Anwendung. Der Gläubiger legt den Beginn, Art und Ausmaß des Vollstreckungsbegriffs fest und kann seine Vollstreckungsanträge jederzeit zurücknehmen. 

Das Zivilprozessrecht ist vom Grundprinzip der Trennung von Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren gekennzeichnet, wonach das Vollstreckungsorgan den durch den Vollstreckungstitel urkundlich ausgewiesenen Anspruch des Gläubigers gegen Schuldner nicht zu kontrollieren hat. 

Demnach hat das Vollstreckungsorgan die materiell- rechtlichen Einwände nicht zu beachten. Wenn der Schuldner Einwände gegen die Beständigkeit des titulierten Anspruchs hat, sind diese Einwände vielmehr prinzipiell im Wege einer Vollstreckungsgegenklage gem. § 767 ZPO geltend zu machen. 

Abweichend hiervon lässt § 775 Nr. 4 und Nr. 5 ZPO im Interesse beider Parteien zu, dass vor allem der Erfüllungseinwand vom Schuldner bereits gegenüber dem Vollstreckungsorgan geltend gemacht werden kann, wenn auch gem. § 776 S. 2 ZPO vorläufig Beachtung findet, sofern der Gläubiger die Erfüllung durch den Schuldner nicht dementiert.

Aus dem Zusammenhang zwischen § 776 S. 2 ZPO und § 775 ZPO folgt, dass eine vom Gläubiger nicht bestrittene Befriedigung der titulierten Forderung nicht zur Auflösung angeordneter Vollstreckungsmaßnahmen führt, sondern nur zur einstweiligen Einstellung des Verfahrens. Dies gilt auch bei einer vollständigen Erfüllung der titulierten Forderung und damit erst recht, wenn der Schuldner nur die Teilleistungen in die Tat umsetzt. In einem solchen Fall ist die Zwangsvollstreckung lediglich entsprechend zu begrenzen und im Übrigen fortzuführen.